Sprechhemmende Verhaltensweisen im Dialog mit Kindern

Sprechhemmende Verhaltensweisen haben einen großen Einfluss auf die Sprachentwicklung und können die Sprechfreude und damit die Sprachentwicklung von Kindern deutlich bremsen. Da sich die wenigsten Eltern bewusst darüber sind, was sprechhemmende Verhaltensweisen überhaupt sind und was sie bewirken, möchten wir sie in diesem Artikel vorstellen.

Sprechhemmende Verhaltensweisen sind verbreitet

Eltern kommunizieren mit ihren Kindern in der Regel sehr intuitiv. Unbewusst übernehmen sie häufig Verhaltensweisen, die sie von ihren eigenen Eltern aus ihrer eigenen Kindheit kennen. Wenn wir junge Eltern im Dialog mit ihren Kindern beobachten, dann spüren wir meistens den ehrlichen Willen, das Kind in seiner Sprachentwicklung zu fördern. Manchmal aber setzten Eltern ihre Kinder ungewollt durch sprechhemmende Verhaltensweisen unter Druck. Diesen Druck spüren Kinder, verlieren ihre Kommunikationsfreude und sprechen in der Folge immer weniger. Am besten für die kindliche Sprachentwicklung ist es, wenn Kinder viel sprechen und keine Angst davor haben, Fehler zu machen. Aus unserer Sicht sollten Eltern daher die folgenden sprechhemmenden Verhaltensweisen vermeiden.

Eltern sollten nicht „Sprechen üben“

Viele Eltern denken, dass sie ihrem Kind helfen, wenn sie mit ihm „sprechen üben“. Dabei erinnern sie sich möglicherweise an ihren Fremdsprachenunterricht in der Schule. Der Spracherwerb der Muttersprache verläuft aber ganz anders als der Erwerb einer Fremdsprache. Die erfreuliche Nachricht ist, dass es gar nicht erforderlich ist, dass Eltern mit ihren Kindern üben. Kinder benötigen ausschließlich einen reichhaltigen Dialog mit ihren Bezugspersonen und keinen Lehrer.

Nicht nachsprechen lassen, Verbessern oder korrigieren

„Sag mal Auto“
„Ato“
„Es heißt Auto. Hör mal genau: Au-to.“

Das „Nachsprechen lassen“ gehört in den Bereich des Übens und führt bei Kindern ebenso zu einer gebremsten Sprechfreude. Eltern tun es meist, um Fehler zu korrigieren oder neue Wörter oder Satzstrukturen zu lehren und erhoffen sich, dass das Kind dadurch schneller lernt. In der Regel ist aber das Gegenteil der Fall. Kinder verlieren dadurch sehr schnell die Lust am Dialog und es können sich Sprechhemmungen entwickeln.

Eltern sollten Kindern nicht zum Sprechen auffordern

„Sag mir doch mal wie das heißt. Du kennst das Wort doch, oder?“

Eltern fordern ihre Kinder manchmal auf, eine bestimmte Sache zu benennen, um ihrem Kind in seiner Sprachproduktion zu helfen. Unbewusst erhöhen sie damit aber den Kommunikationsdruck. Bei Kindern führt das häufig zu ablehnendem Verhalten.

Kinder werden nicht gerne abgefragt

„Was ist das?“…
„und das?“…
„Wo ist die Katze?“…
„und wie heißt das?.“…

Auch das Abfragen hat einen hohen Aufforderungscharakter und gehört damit zu den sprechhemmenden Verhaltensweisen. Gehen Sie im Dialog mit dem Kind eher sparsam mit Fragen um.

Kinder werden nicht gerne vorgeführt

„Sag der Tante doch mal, wie das heißt, was Du so gerne isst.“

Manchmal wollen Eltern zeigen, dass das Kind schon etwas ganz Bestimmtes sagen kann, und fordern es vor anderen dazu auf. Unbewusst erhöhen sie auch hier wieder den Druck. Führen Sie ihr Kind daher nicht vor.

Niemand wird gerne unterbrochen

Das gilt für Erwachsene genauso wie für Kinder. Kinder sind gefährdeter unterbrochen zu werden, da sie  viel mehr Zeit für ihre Sprachproduktion benötigen.  Eltern sollten Ihre Kinder nicht unterbrechen, ihnen viel Zeit geben und im Dialog immer wieder Pausen entstehen lassen.

So tun, als habe man das Kind nicht verstanden

Immer wieder hört man den Ratschlag, dass Eltern so tun sollten, als hätten sie die noch fehlerhaften Äußerungen des Kindes nicht verstanden. Das Kind würde sich dann mehr Mühe geben und die Sprachproduktion gefördert. Aus logopädischer Sicht kann man eindeutig sagen, dass dieses Kommunikationsverhalten in aller Regel nicht die erwünschte Wirkung hat, sondern zu Frust bei Kindern und Eltern führt.
Unser Rat: Versuchen Sie immer, ihr Kind zu verstehen. Auch dann, wenn es schwer zu verstehen ist oder nicht-sprachlich mit Gesten kommuniziert. Damit fördern Sie seine Sprachentwicklung am besten.

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