Tief durchatmen! Brust- und Bauchatmung lernen

Atemübungen sind eine wichtige Methode, wenn es in einer logopädischen Stimm- und Atemtherapie darum geht, eine tiefe Brust-, und Bauchatmung zu erlernen. Sie helfen uns dabei, die natürlichen Zwerchfellbewegungen zu entdecken, die so wichtig für eine gesunde Atmung sind. Allerdings sind Atemübungen alleine meistens nicht ausreichend. Denn nur wenn es gelingt die Zwerchfellatmung auf das Sprechen zu übertragen, wird sich dauerhaft eine gute Atemtechnik einstellen.

In diesem Artikel erfährst Du, warum die Brust- und Bauchatmung so wichtig ist, welche atemtechnischen Fehler häufig gemacht werden, wie Atemübungen helfen können und worauf Du beim Sprechen achten solltest.

Was ist Zwerchfell- bzw. Bauchatmung?

Bei der natürlichen Ruhe- und Sprechatmung gelangt die Atemluft bis in die tiefen Regionen der Lunge. Dafür sorgt vor allem unser wichtigster Einatemmuskel, das Zwerchfell. Durch seine Aktivität erweitert es das Lungenvolumen nach unten, und es entstehen die typischen Atembewegungen im Bereich des Bauches. Bei der Zwerchfellatmung atmen wir also nicht wirklich in den Bauch, sondern in die tiefen Bereiche der Lunge.

Welche Vorteile hat die Bauchatmung?

Die Bauchatmung hat viele Vorteile. Sie führt zu einer effizienten Luftversorgung in Ruhe, beim Sprechen und Singen oder bei sportlichlichen Aktivitäten. Sie ist leichtgängig und erfolgt mühelos und meistens völlig unbemerkt. Sie sorgt für einen guten „Atemantrieb“ für die Stimmgebung und ist damit eine wichtige Voraussetzung für eine klangvolle, widerstandsfähige und gesunde Stimmfunktion.

Tief durchatmen!

Am besten kann unser Atemsystem unseren Körper mit Luft versorgen, wenn das Zwerchfell am Atemvorgang beteiligt ist. Im Zusammenspiel mit den Atemmuskeln des Brustkorbes entsteht eine sehr leistungsfähige Atemfunktion, die unsere Lunge optimal belüftet und Luftnot gar nicht erst entstehen lässt. Eine gute Atemfunktion fördert das Wohlbefinden und hat damit eine äußerst positive Wirkung auf die Gesundheit.

Anstrengungsfrei und leichtgängig atmen

Bei einer gesunden Ruheatmung kommt es bei jedem Atemzug zu einer leichten Anspannung (Kontraktion) des Zwerchfells. In der folgenden Ausatmungsphase entspannt es wieder. Dieser ständige Wechsel aus An- und Entspannung ist ein sehr ökonomischer Prozess. Er verläuft leichtgängig, anstrengungsfrei und meistens ohne dass wir etwas davon bemerken.
Auch wenn es zwischen der Ruheatmung und der Sprechatmung einige Unterschiede gibt, bleibt das Prinzip das gleiche: Nur dann, wenn das Zwerchfell an der Einatmung beteiligt ist, stellt sich eine tiefe und leichtgängige Bauchatmung ein.

Gute Voraussetzung für die Stimme

Die Aktivierung des Zwerchfells bei der Einatmung führt dazu, dass das gesamte Atemsystem etwas „tiefer“ sitzt. Diese anatomischen Verhältnisse führen zu guten Resonanzverhältnissen des Brust-, Nasen- und Rachenraumes und begünstigen damit die Entwicklung einer klangvollen Stimme.

Positive Wirkung bei gastroösophagealen Reflux

Bei der gastroösophagealen Reflux-Krankheit kommt es zum Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre und häufig auch in den Kehlkopf. Dies kann zu ausgeprägten Stimmproblemen führen. Sodbrennen ist ein eindeutiges Zeichen dafür. Viele Patienten bemerken den Rückfluss allerdings gar nicht, vor allem dann, wenn er nachts erfolgt. In diesem Fall handelt es sich um einen „stillen Reflux“.
Einige Studien deuten darauf hin, dass die Entwicklung einer tiefen Bauchatmung die Funktion des unteren Speiseröhren-Schließmuskels verbessern und damit die Reflux-Krankheit positiv beeinflussen kann.

Tief durchatmen!

Die Bauchatmung hat viele Vorteile.
Sie sorgt für eine gute Belüftung der Lunge
und ist die beste Voraussetzung
für eine gesunde Stimme.

Nachteile der Bauchatmung:
keine bekannt

Wie funktioniert die Bauchatmung?

In diesem Abschnitt erfährst Du, wie die Bauchatmung in Ruhe, beim Sprechen und beim Singen funktioniert.

Was ist das Zwerchfell und wo liegt es?


Das Zwerchfell ist eine Muskel-, und Sehnenplatte, die den Bauchraum vom Brustraum trennt. Sie liegt unterhalb der beiden Lungenflügel und oberhalb des Magens. Das Zwerchfell ist unser wichtigster Einatemmuskel und wenn es bei der Einatmung kontrahiert, dann entsteht eine Abwärtsbewegung. Diese erweitert den Raum der Lungenflügel nach unten hin und in der Folge füllt sich die Lunge mit Luft. Der Bauchraum wird durch diese Atembewegung komprimiert und nach unten/vorne verdrängt. Daher wölbt sich bei der Einatmung der Bauch nach außen.

Bauchmuskulatur und Zwerchfell wechseln sich ab

Eine ganz andere Funktion hat unsere Bauchmuskulatur. Sie gehört zur Atemhilfsmuskulatur. Sie wird immer dann aktiv, wenn wir verstärkt ausatmen, wie beim Pusten, Singen oder Sprechen. Bei einer guten Atemtechnik kommt es zu einem stetigen Wechsel der muskulären Aktivität des Zwerchfells und der Bauchmuskulatur:

  • Wenn wir einatmen, kontrahiert das Zwerchfell und die Bauchmuskulatur entspannt. Der Bauch wölbt sich nach außen.
  • Wenn wir ausatmen kontrahiert die Bauchmuskulatur und das Zwerchfell entspannt. Der Bauch wird flach.

Dieses Wechselspiel führt zu einer äußerst ökonomischen Atemform, bei der die Atemmuskulatur leichtgängig und frei von Verspannungen arbeiten kann.

Eine gute Atemtechnik
fördert unser Wohlbefinden
und hat damit eine äußerst positive
Wirkung auf die Gesundheit.

Beim Sprechen bilden sich häufig
Verspannungen der Bauchmuskulatur,
die die Zwerchfellatmung behindern.

Wenn die Bauchmuskulatur die Atmung behindert

Wenn die Bauchatmung nicht funktioniert, liegt es meistens gar nicht an der fehlenden Funktionalität des Zwerchfells selbst, sondern an einer dauerhaft verkrampften Bauchmuskulatur…

Verspannte Bauchmuskeln – verkrampftes Zwerchfell

In Ruhe, z.B. im Schlaf, stellt sich bei den meisten Menschen ganz automatisch eine Zwerchfellatmung ein. Vor allem beim Sprechen und Singen geht sie allerdings leicht verloren. Denn häufig kommt es dabei zu einer Überbeanspruchung der Bauchmuskulatur, die zu einer dauerhaften Anspannung und Verkrampfung führen kann. Die verhärtete Bauchdecke wirkt dabei wie ein Widerstand, der die natürliche Abwärtsbewegung des Zwerchfells behindert. Da eine tiefe Atmung auf diese Weise nicht möglich ist, entwickelt sich in der Folge eine flache Hochatmung. Dabei heben sich die Schultern bei jedem Atemzug und belüften vorwiegend die mittleren und oberen Lungenregionen. Diese so genannte costo-clavikular-Atmung gilt als ungünstig für den gesamten Prozess der Stimmgebung und kann Stimmprobleme auslösen.

Wie kommt es zur verspannten Bauchmuskulatur?

Verspannungen der Bauchmuskulatur können auf unterschiedliche Weise entstehen. Hier sind einige Beispiele:

Lange Sprechphrasen, wenig Atempausen
Wenn wir viel zu sagen haben oder beim Sprechen unter Druck geraten, vergessen wir manchmal zu atmen. Je länger wir ohne Luft zu holen sprechen, desto stärker beanspruchen wir unsere Bauchmuskulatur. Diese atemlose Sprechweise führt unweigerlich zu einer angespannten und verkrampften Bauchmuskulatur.

Kurze und überhastete Atempausen
Besonders nach langen Sprechphrasen benötigen wir ausreichend lange Atempausen, damit sich die Lungen wieder mit Luft füllen können. Häufig sind diese aber zu kurz und überhastet, so dass sich die Bauchmuskulatur nicht vollständig entspannen kann.

Zu viel Druck bei der Stimmgebung
Eine schlechte Stimmtechnik ist häufig dadurch gekennzeichnet, dass bei der Stimmbildung zu viel Druck ausgeübt wird. Dieser Druck wird im Wesentlichen von der Bauchmuskulatur erzeugt.

Bauch einziehen
Aus ästhetischen Gründen ziehen viele Menschen den Bauch ein. Dadurch entsteht eine Dauerkontraktion der Bauchmuskulatur, die eine tiefe Bauchatmung nicht zulässt.


Nur wenn die Bauchmuskulatur in der Atempause entspannt,
kann eine tiefe Zwerchfellatmung entstehen.


Atmen erfordert Zeit.
Nimm sie dir.

Was versteht man unter Brustatmung?

Wenn sich beim Atmen der Brustkorb hebt und senkt, ist dies ein Zeichen dafür, dass nicht nur das Zwerchfell, sondern auch die Atemmuskulatur rund um den Brustkorb an der Atmung beteiligt ist.

Wie funktioniert die Brustatmung?

Unsere Rippenbögen sind durch die Zwischenrippen-Muskulatur miteinander verbunden. Wenn diese bei der Einatmung kontrahiert, dann „spannt sie den Brustkorb auf“ und es kommt wie bei der Zwerchfellbewegung auch, zu einer Volumenerweiterung der Lunge. Bei der Brustatmung hebt und senkt sich daher der Brustkorb.

Was ist besser? Bauch- oder Brustatmung?

Weder noch; sie ergänzen sich.
Die beste Atemform sowohl in Ruhe als auch beim Sprechen ist eine Mischatmung, bei der sowohl das Zwerchfell als auch die Zwischenrippen-Muskeln beteiligt sind. Bei dieser sogenannten costo-abdominalen Atmung entstehen Atembewegungen im Bauch- und Brustraum.

Lass dich beim Sprechen nicht unter Druck setzen.

Richtig atmen lernen

Erst Ruheatmung, dann Sprechatmung

Bei der Ruheatmung lassen sich die natürlichen Atembewegungen am leichtesten erspüren. Daher erlernen wir die Bauchatmung am besten, wenn wir sie einfach in Ruhe beobachten. Dies kannst Du tun, indem Du dich auf den Rücken legst und deine Atembewegungen beobachtest.
Sobald sich Atembewegungen im Bauchraum einstellen, ist der Zeitpunkt gekommen, die Bauchatmung auf das Sprechen zu übertragen. Dies ist wichtig, da sich vor allem beim Sprechen die meisten Atemfehler zeigen.

Atme regelmäßig

Beim Sprechen vergessen wir manchmal zu atmen. Je häufiger uns das passiert, desto größer is die Gefahr, dass wir uns eine falsche Atemtechnik angewöhnen. Achte deshalb unbedingt darauf, regelmäßig zu atmen. Beim Lesen erfolgt die Einatmung nach jedem Punkt und manchmal auch nach einem Komma. Beim freien Sprechen sollten wir ungefähr alle 5-8 Sekunden einatmen.

Lass dir genügend Zeit zum Atmen

Die Atempause benötigt Zeit. Nur dann kann sich der der Mund, der Rachen und die Stimmritze ungehindert öffnen. Nur dann kann die Bauchmuskulatur vollständig entspannen und das Zwerchfell kontrahieren. Nur dann wird sich auch beim Sprechen eine tiefe Bauchatmung einstellen. Lass dir deshalb immer genügend Zeit für die Atempause.

Atme genügend Luft ein

Wenn wir zu wenig Luft einatmen, fehlt uns der Atemantrieb für die Stimmgebung. Wenn wir dagegen zu viel Luft aufnehmen, entsteht ein großer Überdruck. Beides ist unangenehm und unökonomisch. Gewöhne dir daher an, eine „angenehme“ Menge an Luft einzuatmen. Auf diese Weise bestehen die besten Druckverhältnisse innerhalb der Lunge für eine gute Stimmproduktion und ein anstrengungsfreies Sprechen.

Sprich nicht mit zu viel Druck

Die Stimmlippen werden von der Atemluft in Schwingung versetzt. Dazu ist ein gewisser Luftdruck erforderlich, der aber nicht zu hoch sein sollte. Damit sich keine Verspannungen der Bauchmuskulatur bilden, solltest Du darauf achten, dass Du nicht mit zu viel Druck sprichst.

Ziehe den Bauch nicht ein

Eine leichte Vorwölbung des Bauches ist ein Zeichen einer gesunden und tiefen Bauchatmung. Lasse es daher zu, dass sich deine Bauchmuskulatur in jeder Atempause entspannen kann. Höre damit auf, den Bauch einzuziehen, falls du das manchmal tust.

Drücke den Bauch nicht heraus

Ganz bewusst in den Bauch einzuatmen, führt meistens nicht wie erwünscht zu einer natürlichen Zwerchfellatmung. Denn meistens führen solche Manipulationen zu einer unnatürlichen Kontraktion der Bauchmuskulatur. Wir erreichen damit also genau dem Gegenteil von dem, was wir eigentlich erreichen möchten.

Eine gute Atemtechnik kann man lernen.

Atemtraining & Atemtherapie

Atmen ist ein hochautomatisierter und meist unbewusst ablaufender Prozess. Hat sich eine falsche Atemtechnik erst einmal eingestellt, bedarf es machmal einer präzisen Analyse und einer zielgenauen Behandlung der Atemfehler. Eine gute Atemtechnik kann man lernen…