Sprechfaule Kinder – gibt es die überhaupt?

Wenn Kinder Kinder mit zwei Jahren noch nicht sprechen, dann vermuten manche Eltern, dass das Kind „sprechfaul“ sei. Meistens sind es aber ganz andere Gründe, die zu einem verspäteten Sprachbeginnn führen. In diesem Artikel berichten wir darüber, dass wir noch nie sprechfaule Kinder kennengelernt haben und warum der Begriff aus sprachtherapeutischer Sicht wenig hilfreich ist.

Problematischer Begriff: Sprechfaulheit

Faulheit ist eine negativ besetzte Charaktereigenschaft. Wenn Kinder als sprechfaul bezeichnet werden, geht damit eine deutliche Wertung einher. Dem Kind wird damit indirekt die Schuld  gegeben, dass es noch nicht spricht. Häufig wird der Begriff aber auch verharmlosend verwendet, indem damit ausgedrückt werden soll, dass das Kind eigentlich sprechen könnte, wenn es nur wollte. Faulheit wird von vielen betroffenen Eltern als weniger belastend empfunden als das Vorliegen einer Sprachverarbeitungsstörung.

Aus sprachtherapeutischer Sicht ist diese Ursachenzuschreibung wenig hilfreich und wenig zielführend. In einer logopädischen Sprachdiagnostik geht es daher zunächst darum, so sachlich und genau wie möglich zu ermitteln, wie der sprachliche Entwicklungsstanbd des Kindes ist und welche sprachsystematischen,  oder kommunikative Auffälligkeiten vorliegen. Damit  sprachauffälligen Kindern so gut wie möglich geholfen werden kann, ist daher immer eine differenzierte Sprachdiagnostik erforderlich.

Die Sprachdiagnostik

In einem ausführlichen Eingangsgespräch werden die Eltern zunächst über die sprachliche Entwicklung des Kindes befragt. Anhand der folgenden Fragen geht es darum, herauszufinden, wie sich das Sprachsystem des Kindes entwickelt hat:

  • Wie ist die Gesamtentwicklung des Kindes verlaufen?
  • Hört das Kind gut?
  • Hatte das Kind häufig Mittelohrentzündungen oder Paukenergüsse?
  • Gab es irgendwelche bedeutsamen Erkrankungen?
  • Wie kommuniziert das Kind nonverbal?
  • Wie ist der Blickkontakt des Kindes?
  • Wie reagiert das Kind auf Sprache? etc.

Mit Hilfe verschiedener Sprachtests werden im Anschluss die kommunikativen und sprachlichen Fähigkeiten des Kindes erfasst. Sollten sich dabei Zeichen einer Sprachentwicklungsstörung zeigen, dann empfehlen wir die die Aufnahme einer Sprachtherapie.

Fazit

  1. Wenn Kinder nicht sprechen, gibt es unserer Meinung nach dafür andere Gründe als „Sprechfaulheit“.
  2. Mögliche Ursachen sind Sprachentwicklungsverzögerungen, Sprachentwicklungsstörungen, Schüchternheit, Mutismus oder sprechhemmende Verhaltensweisen im Umfeld des Kindes.
  3. Bei sprachauffälligen Kindern sollte eine Sprachdiagnostik möglichst früh erfolgen.
  4. Die therapeutische Behandlung richtet sich nach den Erkenntnissen der Diagnostik.
  5. Für sprachentwicklungsverzögerte Kinder im Alter von 2-3 gibt es das sehr wirkungsvolle Heidelberger Elterntraining.

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